Auf ihrer Jahresversammlung vom 28. bis 30. Mai 2012 in Heppenheim hat sich die AGP zum wiederholten Mal mit dem dringenden Reformbedarf in der römisch-katholischen Kirche befasst. Dabei fanden u.a. der „Aufruf zum Ungehorsam“ der Pfarrerinitiative in Österreich und die „Positionen im Dialogprozess“ der AG-Rottenburg, einer Mitgliedsgruppe der AGP, ausdrückliche Zustimmung.
Die AGP betont, dass sie die von diesen Priestergruppen benannten und praktizierten Reformen bereits seit 40 Jahren immer wieder gefordert hat. In dieser Zeit haben darüber hinaus viele Priester aus ihren Reihen eine an Wort und Handeln Jesu orientierte Praxis in ihren Gemeinden begründet bzw. gefördert. Dies geschah offen oder zuweilen wegen der pastoralen und persönlichen Situation in verantwortlicher Abwägung der Folgen auch ohne öffentliche Bekundung.
Sie
ermöglichen wieder verheirateten Geschiedenen die volle Teilnahme an der Eucharistie;
bieten Christinnen und Christen anderer Konfessionen eucharistische Gastfreundschaft an und nehmen selbst mit Gläubigen der eigenen Gemeinde am evangelischen Abendmahl teil;
halten sich nicht an das Predigtverbot für Laien;
setzen in solidarischen Initiativen die Option für die Armen um und unterstützen Befreiungsbewegungen in der Kirche.
Sie setzen sich dafür ein,
Verheiratete, Frauen und Männer, zu allen kirchlichen Ämtern zuzulassen;
das Recht aller Getauften auf Mitsprache und Mitentscheidung auf allen Ebenen anzuerkennen und zu garantieren;
den römisch-klerikalen Zentralismus in der Kirche durch synodale und demokratische Strukturen zu beenden.
So kämpfen sie hartnäckig dafür,
dem „Aggiornamento“ des Zweiten Vatikanischen Konzils in ihren Gemeinden und in der Kirche konkrete Gestalt zu geben.
Wegen ihrer pastoralen Praxis und des Eintretens für grundlegende Reformen nehmen Priester der AGP bis auf den heutigen Tag auch persönliche Diskriminierung, berufliche Benachteiligung und kirchenrechtliche Sanktionen seitens der Bischöfe in Kauf . Sie tun dies, weil ihr Handeln aus Gehorsam dem Evangelium und dem Gewissen gegenüber geschieht, der bei Anordnung unchristlicher kirchenrechtlicher Regelungen den Ungehorsam der kirchlichen Hierarchie gegenüber zur Pflicht macht. Sie können dies durchhalten, weil die überwiegende Mehrheit der Christinnen und Christen ihre Haltung und Praxis als befreiend erfährt und unterstützt.
Es ist höchste Zeit, dass die Bischöfe und alle, die Einfluss nehmen können auf kirchliche Entscheidungen, Gott mehr gehorchen als irgendeiner menschlichen – und damit auch kirchlichen – Obrigkeit, dass sie den Glauben und die Glaubenspraxis der Gemeinden ernst nehmen, sie offiziell als kirchlich bestätigen und die überfälligen Reformen endlich durchführen; vor allem um der Menschen und des Glaubens willen, aber auch, um die Zeit der Heuchelei zu beenden und einer weiteren Zerstörung der Kirche zu begegnen.
Heppenheim, den 30.5.2012